US-Unternehmen auf dem Sprung nach Europa, oder besser: in deutschsprachige Länder, machen seit Jahrzehnten die gleichen Fehler in der Verwendung ihres Contents und in ihrem Online Marketing. Natürlich ist es preisgünstig, den US-Content herzunehmen und beispielsweise von einer Kommunikationsagentur "eins-zu-eins" übersetzen zu lassen. Die PR-Erfahrung spricht aber eine andere Sprache. Funktionieren wird die einfache Übertragung eines Textes in die deutsche Sprache in der Regel nicht; zumindest nicht, was redaktionellen Content betrifft. Werbe-Content kann unter Umständen „funktionieren“, zumindest insofern, als er den Weg in die Medien mittels „money-makes-the-world-go-round“ findet. Ob er gelesen und rezipiert wird, ist eine andere Sache.
Der Unterschied liegt in den interkulturellen Unterschieden der beiden Mentalitäten, und er manifestiert sich in beinahe jedem Artikel, den man beispielsweise in der NEW YORK TIMES liest. In der TIMES beginnen mit meisten Artikel mit der Geschichte einer Person. Bis der Autor zum Punkt kommt, habe ich als ungeduldige Österreicherin das Interesse verloren. Ich habe keine Lust, zwei Spalten Einleitung zu lesen; darin der Werdegang oder ein Detail aus dem Leben einer mir völlig unbekannten Person geschildert werden. Bis der Autor/die Autorin "auf den Punkt kommt", ist meist der halbe Platz der Story (und meine Geduld) verbraucht.
Amerikaner lieben Storytelling. Für Österreich sind langatmige Stories eher nicht passend. Der Österreicher ist ungeduldig und effizient (die vielen Feier- und Urlaubstage, die der gewöhnliche Angestellte hierzulande hat, müssen schließlich eingearbeitet werden). Da muss man ruck, zack zum Wesentlichen vordringen. Daneben unterstützen fundierte Zahlen die Glaubwürdigkeit eines Artikels.
Unternehmen, deren Content nicht diese beiden fundamentalen Anforderungen entspricht, sind mit der Consultation einer PR-Agentur gut beraten. In Deutschland sind Zahlen, Daten, Fakten noch wichtiger als in Österreich. Der/die Deutsche ist sachlich, trocken und beschränkt sich auf das Wesentliche, Nachvollziehbare, Messbare. Die häufig zitierte „deutsche Ingenieurskunst“ ist ein wunderbares Beispiel dafür. (Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. :-)
Ein anderer Unterschied liegt in der Wichtigkeit des Autors eines Artikel. Während Amerikaner ihre Autoren lieben und ihnen vertrauen, ist dies in deutschsprachigen Ländern eher nicht so. Wer hat das geschrieben? Wieviel Erfahrung hat er/sie auf diesem Gebiet, und was hat er/sie dazu noch verfasst? All dies sind wichtige Merkmale für einen Amerikaner zu entscheiden, ob Content glaubwürdig ist oder nicht. Was noch dazu kommt: Handlungsempfehlungen. Amerikanerinnen lieben es, wenn ihnen sagt, was sie zu tun haben. Ein Handy-Test? Wunderbar. Aber nur, wenn am Schluß eine klare Aussage steht, welches Gerät das Beste ist.
AutorInnen sind in Deutschland und Österreich maximal im politischen Kommentar-Ressorts von Bedeutung. Es gibt in beiden Ländern vielleicht eine Handvoll Star-Journalisten; für die LeserInnen ist es schlichtweg unwichtig, wer schreibt. Und: Handlungsempfehlungen, klare Aussagen über den Vorteil eines Produktes gegenüber einem anderen sind eher kontraproduktiv. So küren beispielsweise Produkttests in den führenden Tech-Magazinen Deutschlands und Österreichs nie einen Sieger, sondern listen in nahezu endlosen Spalten und Tabellen die technischen Details sowie Vor- und Nachteile eines Produktes auf. Der Leser/die Leserin will sich selbst eine Meinung bilden. Alles andere würde als bevormundend empfunden werdenAuch die in den USA häufig übliche „Selbstbeweihräucherung“ - „Wir sind die größten, schönsten und besten und die Welt hat nur auf uns gewartet“ - funktioniert in Europa definitiv nicht. Europäer sind bescheidener, man kann auch sagen: Sie stellen ihr Licht eher unter den Scheffel als Amerikaner. Jeder Superlativ, der mittels Content an sie herangetragen wird, wird im besten Fall argwöhnisch beäugt, im schlechtesten Fall einfach ignoriert.
Sachlich fundierte, durch Zahlen und Erfahrungen belegbare Informationen, die effizient dargelegt werden und keinerlei Übertreibungen beinhalten – damit ist man in deutschsprachigen Ländern "King".
Dass deutscher Content eins-zu-eins in Österreich funktioniert, ist übrigens auch eine Mär. Aber das ist eine andere Geschichte.
Als PR-Agentur mit mehr als 20 Jahren interkultureller Erfahrung, vornehmlich USA, Deutschland und Österreich, unterstützen Sie gerne dabei, Ihren Content zu lokalisieren. Oder haben Sie andere Erfahrungen?